Es ist Mitte Dezember, als ich früh um 6 Uhr mit der Fähre in Palma ankomme. Zuvor wurden alle Passagiere mit lautem Klatschen vor der Tür geweckt. Ich öffne übermüdet meine Augen, streichle Maxi, meinen Hund, und habe sofort die nächsten 15 Schritte im Kopf. Ich spüre bereits, dass ich im Autopilot bin, aber ich kann es noch nicht völlig greifen.

Eine Woche später fällt es mir immer noch schwer, mein Umfeld wahrzunehmen. Alles ist surreal, seit ich meinen Wohnsitz aufgegeben habe (oder ich kann mein „Schweben“ jetzt erst spüren). Ich schaffe es kaum zu meditieren, obwohl ich seit 7 Jahren genau das fast täglich tue.
Am nächsten Morgen sitze ich am Strand, die Sonne scheint, Maxi liegt neben mir und wir schauen gemeinsam aufs Meer. Ich war barfuß joggen am Meer und danach baden… und das erste Mal seit – wie sich später herausstellt – sehr langer Zeit atme ich tief ein.
Ich fühle mich endlich wieder mehr verbunden, spüre mein Herz, meine Lebensfreude, mein Feuer, die Menschen um mich herum, den Wind, das Meer, die Sonne.
Jetzt, einen Monat später, muss ich ziemlich schmunzeln, während ich darüber schreibe. Über die Oberflächlichkeit von Ruhe und Entschleunigung, von der ich dachte, ich hätte sie in diesem Moment wiedergefunden… Das Meer ist tief und ruhig. Sehr tief und sehr ruhig. Und ich vermute ich bin Anfängerin im Tauchen.
Versteh mich nicht falsch – ich bin absolut kein gestresster Mensch. Ich bin im absoluten Chaos recht entspannt und habe keinen Hang zu „Ich muss leisten, um geliebt zu werden.“ Im Gegenteil, ich bin seit Jahren ziemlich im Flow unterwegs, treffe Lebensentscheidungen intuitiv und lasse mich vom Leben führen.
Im Moment erlebe ich aber eine Form von Ruhe und Entschleunigung, die ich noch nicht kannte. Und es ist irgendwie eine schmerzhafte Erfahrung. Es ist teilweise wirklich sogar körperlich schmerzhaft.
Ich beobachte die Menschen in meinem Umfeld. Ich erlebe und spüre ihren Stress. Ich fühle eine Form von neuer Trennung zu ihnen, eine Entfernung die vorher nicht da war. Weil Ruhe immer auch Verbindung ist.
Ich erlebe meine eigene Besessenheit vom Morgen, von der Zukunft. Und ich realisiere, wie viel ich verpasst habe.
Wir verpassen, was zwischen den Zeilen geschrieben steht. Und im schlimmsten Fall hat das Leben am Ende für uns nicht existiert, weil wir so besessen waren, was morgen kommt.
Und ich bin dankbar das ich jetzt diese Erfahrung mache. Nicht noch mehr verpasse. Es ist fast so, als hätte mein jetziges Ich mit dem Ich vor einem Jahr gesprochen. Und ich erinnere mich an dieses ständige unterschwellige Gefühl von „Irgendwas verpasse ich“, das die letzten Jahre immer stärker wurde und kann es endlich zuordnen.
Und während ich hier auf der Terrasse sitze und mir die Sonne ins Gesicht scheint, ungefiltert aufschreibe, was ich fühle und denke, ohne daran zu denken, wie es wirkt, ist, sein wird (aka besessen vom Morgen bin), würde ich gern für einen Moment den Platz mit dir tauschen.
Dich für einen Moment eintauchen lassen in mein Lebensgefühl.
Die Verbundenheit, die Liebe, die Sehnsucht, die Wärme, die Ruhe – das JETZT.
Denn um ehrlich zu sein, glaube ich, es würde dein Leben auf den Kopf stellen. Aber deshalb bist du ja nicht hier, oder?
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